Schwarzpulver: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 28. Januar 2008, 14:43 Uhr
- Schwarzpulver
- (Blackpowder)
Inhaltsverzeichnis
Chemische Daten
Schwarzpulver stellt eine Mischung aus Salpeter (Kaliumnitrat), Schwefel und Holzkohle dar. Der Mischungsgehalt variiert zwischen 60-85% Kaliumnitrat, 10-25% Kohle und 0-20% Schwefel, wobei sich je nach Mischungsverhältnis ein unterschiedliches Abbrandverhalten ergibt. Ein erhöhter Anteil an Kaliumnitrat führt zu einem heftigeren Abbrand, ein erhöhter Kohlenstoffanteil führt zu einem langsameren und gleichmäßigeren Abbrand, wie z.B. in Raketen-Treibsätzen erforderlich. Neben Gemischen aus allen drei Komponeten werden für bestimmte Zwecke auch 2-Komponentengemische aus Kaliumnitrat und Kohle mit einem Mischungsverhältnis von ca. 80:20 Gewichtsprozent eingesetzt. Die Qualität der einzelnen Zutaten, vor allem der Holzkohle, ist entscheidend für das Abbrandverhalten und die Treibkraft des Schwarzpulvers.
Das Kaliumnitrat in der Mischung dient als Oxidationsmittel (Sauerstofflieferant), der Schwefel als Brennstoff und der Senkung der Zündtemperatur (Sensibilierung), die Kohle als Brennstoff. Die Zündtemperatur von Schwarzpulver liegt um 300-400°C, also um den Schmelzpunktes von Kaliumnitrat (334°C). Wichtig für die Abbrandeigenschaften des Pulvers ist auch die Wahl der richtigen Kohle. Lindenholz- oder Faulbaumkohle liefern die schnellsten Pulver (Schieß-, Ausstoß- & Zerlegerpulver). In südlichen Ländern Europas wird hierfür die Kohle aus Weinrebenholz hergestellt. Für andere Zwecke, z.B. Goldregenpulver für Sterne, wird auch Kohle aus anderen Holzarten verwendet. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Qualität der Kohle möglichst gleich bleibt. Wichtig hierbei sind vor allem der Grad der Verkohlung des Holzes und der Aschegehalt.
Schwarzpulver als Schießpulver/Ausstoßladung wird durch mehrere Stunden dauerndes Mahlen der drei (leicht angefeuchteten) Bestandteile in Kollergang- oder Kugelmühlen hergestellt, die man anschließend unter hohem Druck zwischen Leder (als Trennschicht) im Stapel zu Platten presst. Nach Granulieren dieser Platten werden die Körner nach Größen gesiebt und oft mit Graphit (zum Schutz vor Feuchtigkeit und Reibung) poliert. Die Politur geht auf englische Pulvermühlen zurück. Poliertes Pulver wurde in den afrikanischen Kolonien Englands bevorzugt gekauft weil die Schwarzafrikaner einem Schießpulver mehr zutrauten, wenn es einen ähnlichen Glanz hatte wie ihre eigene Haut....
Die Abbrandgeschwindigkeit und damit die Brisanz wird entscheidend vom Körnungsgrad und der Dichte bestimmt. Vereinfacht gesagt: Feinkörniges Schwarzpulver brennt rascher ab als grob gekörntes. Tatsächlich ist es aber so, daß sich sehr feines Mehlpulver in Reinform relativ langsam umsetzt. Mit steigender Korngröße steigt die Abbrandgeschwindigkeit zunächst, um dann, mit weiter steigender Korngröße zu sinken. Dieses eigentümliche Verhalten wird auf die sogenannten internen Feuerleitwege zurückgeführt: ist das Pulver gekörnt, befinden sich sehr viele Hohlräume darin, durch die sich bei einer Umsetzung die heißen Gase sehr schnell ausbreiten. Ähnlich wie in gedeckter Stoppine. Dabei setzen sie immer mehr S. in Brand und wie bei einer Kettenreaktion, entstehen immer mehr heiße Gase und die Abbrandgeschwindigkeit wird sehr hoch. In sehr feinem Mehlpulver fehlen diese Feuerleitwege oder sind sehr klein. Damit verhält sich dieses S. fast wie ein gepresstes Pulver bzw. brennt schwer kalkulierbar ab.
Fest gepresst (z.B. in Hülsen als Verzögerer, Spoletta oder Raketentreiber) wird ein gleichmässiger und langsamerer Abbrand erzielt. Als Richtwert kann man hier 1 cm/sec annehmen.
Die höchste Brisanz erreicht man, indem man die große Oberfläche des feinen Pulver mit den günstigen Feuerlaufwegen eines groben Korns verbindet. Der Trick dabei ist, feines Pulver auf ein Trägersubstrat aufzubringen. Diese Substrat kann aus natürlichem Material wie z.B. Reisspelzen oder auch aus Styroporkügelchen bestehen. Diese Mischung ist gut als Zerlegerladung geeignet.
Weiterhin kann Schwarzpulver mit einem Bindemittel (Dextrin, Gummi arabicum) zu einem dünnflüssigen Brei angerührt und auf Baumwollfäden oder Jutegewebe aufgetragen werden (Stoppine).
Schwarzpulver kann auch mit verschiedenen anderen Bestandteilen versehen werden, wie Microsterne oder Metallpulver, die z.B. in Fontänen oder um beim Abbrand eines Treibsatzes einen Schweif zu erzeugen.
Ein moderner Ersatz für S. zur Verwendung in hochwertigen Raketentreibern ist Pyrodex.
Chemische Reaktion und Reaktionsprodukte
Für die Reaktion von Schwarzpulver bei der Verbrennung läßt sich keine einfache Reakionsgleichung angeben, da eine Vielzahl von Reaktionen nahezu gleichzeitig unter extremen Bedingungen ablaufen.
Durch Versuche mit Zweistoffgemischen (Kaliumnitrat+Holzkohle bzw. Kaliumnitrat+Schwefel) kennt man einige Vorgänge, die beim Aufheizen des Schwarzpulvers ablaufen: Das vor der Entzündung des Schwarzpulvers schmelzende KNO3 wird von der porösen Holzkohle aufgesogen und setzt sich mit der Kohle unter anderem zu CO (Kohlenmonoxid) und NO (Stickstoffmonoxid) um; das ebenfalls entstehende Nitrit bildet bei der Reaktion mit Schwefel unter anderem N2O (Lachgas). Die so entstehenden Gase CO,NO und N2O bilden ein explosives Gemisch, das unter Ablauf der Reaktionen N2O + CO --> N2 + CO2 und NO + CO --> 1/2 N2 + CO2 die eigentliche Explosion auslöst.
Bei der Umsetzung von 1 kg Schwarzpulver der (für Schießpulver typischen) Zusammensetzung Salpeter:Holzkohle:Schwefel 75:15:10 bilden sich etwa 2300 Liter Gase (Volumen bei 25°C) und etwa 600 g Rauch (feste Bestandteile) mit den folgenden Haupt-Inhaltsstoffen:
750 g KNO3 | --> | 710 l N2 | + | 290 g K2CO3 |
150 g Holzkohle | 1130 l CO2 | 110 g K2SO4 | ||
100 g Schwefel | 280 l CO | 125 g K2S2O3 | ||
60 l CH4 | 30 g K2S2 | |||
40 l H2S | 30 g KSCN | |||
80 l H2 | 15 g (NH4)2CO3 |
(alle Angaben aus: Holleman-Wiberg: Lehrbuch der Anorganischen Chemie. 101. Auflage, 1995)
Rechtliches
- Der Erwerb von Schwarzpulver ist in Deutschland nur mit einem Erlaubnisschein nach §7 oder §27 gemäß Sprengstoffgesetz oder einem Böller- bzw. Vorderladerschein nach §32 der ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz und die Verwendung mit einem Befähigungsschein nach §20 oder §27 gemäß SprengG oder einer Umgangserlaubnis nach §27 SprengG zum Umgang mit Böllerpulver / Schwarzpulver im privaten Bereich möglich.
- Die Herstellung von Schwarzpulver ist nach dem deutschen Recht Privatpersonen verboten. Ausnahmen bilden z.B. an Schulen und Hochschulen die Freimengen für Forschung und Lehre definiert im Sprengstoffgesetz §2 Absatz 1 sowie §5 Absatz 3.
- In der Schweiz und Österreich kann jede Privatperson Schwarzpulver frei erwerben. Der Verkauf an Kinder ist teilweise beschränkt bis komplett verboten.
Geschichte
Schwarzpulver war der erste bekannte Explosivstoff und gehört wohl zu den bedeutendsten Erfindungen der Menschheit. Obwohl es anfänglich hauptsächlich für Waffen verwendet wurde und damit meist der Zerstörung diente, hatte sein Einsatz in der Industrie, z.B. seit dem 19. Jahrhundert zur Erschließung von Rohstoffen, weitreichende Auswirkungen. In der militärischen Pyrotechnik wurde es gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch rauchloses Nitrocellulose-Schießpulver verdrängt. In der zivilen Feuerwerkerei hat es auch heute noch eine dominierende Stellung und wird in den meisten Feuerwerkskörpern verwendet
Schwarzpulver wurde höchstwahrscheinlich vor mehr als tausend Jahren durch Zufall im fernen Osten entdeckt - vermutlich in Indien früher als in China. Aus dieser Zeit existieren keine Dokumente, deshalb kommen auch Araber und Griechen/Byzantiner als Erfinder in Frage. Letzteren soll schon um 670 n.C. das "Griechische Feuer" ("Greek Fire") bekannt gewesen sein - ein Gemisch aus Salpeter, Ölen und Schwefel, das ausschließlich für kriegerische Zwecke eingesetzt wurde und als Vorläufer des Schwarzpulvers gilt. (s.a. Sprengpulver)
Erstmals soll Marcus Graecus in seinem Buch "Liber ignium ad comburendos hostes" das Greek Fire und ein dem Schwarzpulver ähnliches Gemisch im 8. Jahrhundert erwähnt haben. Gesichert sind die Aufzeichnungen des englischen Mönches Roger Bacon "Opus Majus" (ca. 1267), in denen er ein Gemisch aus Salpeter, Holzkohle und Schwefel und dessen Verwendung für Knallkörper beschreibt. Die Legende um den Franziskaner-Mönch Berthold Schwarz aus Freiburg reicht ungefähr in das Jahr 1380 zurück: Constantin Anklitzen nahm beim Eintritt in das Kloster den Namen Berchthold an, den Beinamen Schwarz erhielt er aufgrund seines Interesses an Alchemie und Schwarzer Magie (er galt als "Nigromantikus"). Auch er soll zufällig das Schwarzpulver erfunden und anschließend mit Feuerwaffen experimentiert haben. Die Existenz von "Niger Berchtholdus" ist nicht zu beweisen, weil alle Aufzeichnungen des freiburgischen Klosters kurz vor der Reformation zerstört wurden. Sicher ist, dass Freiburg im 14. und 15. Jahrhundert ein Zentrum in der Entwicklung von Feuerwaffen und Ausbildung von Kanonieren war (Deutsches Feuerwerksbuch, 1420). Zuvor jedoch sollen schon unter König Alphonsus XI. von Spanien aus Mörsern verschossene Eisenkugeln mit explosivem Inhalt bei der Belagerung Castilliens durch die Mauren im Jahr 1331 (1348?) eingesetzt worden sein.
Bis etwa 1650 schwankten die Anteile der drei Komponenten erheblich. Holzkohle und Schwefel waren weit stärker vertreten, oft zu je einem Viertel oder sogar einem Drittel der Gesamtmenge. Seit 1650 hat sich das grobe Mischungsverhältnis 75:15:10 (Kaliumnitrat:Kohle:Schwefel) durchgesetzt.
Schwarzpulver wird in Europa heute nur noch von wenigen, darauf spezialisierten Fabriken hergestellt. Diese Pulvermühlen liefern standartisierte Pulver von gleichbleibend hoher Qualität. Nur wenige Feuerwerksfabriken stellen heute noch ihr eigenes Pulver her. Insbesondere in Südeuropa werden noch Spezialpulver (z.B. als sehr sanfte Ausstoßladung für schwere Zylinderbomben) von den Feuerwerkern selbst erzeugt.
In China dürfen die Feuerwerksfabriken nur noch für Böller selbst fabriziertes Schwarzpulver verwenden. Für alle anderen Feuerwerkskörper, und ganz speziell für Ausstoßladungen darf nur noch Qualitätspulver aus wenigen, lizensierten Pulvermühlen verwendet werden.
Schwarzpulver war bis zur Erfindung von modernen Sprengstoffen wie C4 und ANFO das einzige Treib- und Sprengmittel für Artillerie- und Handfeuerwaffen.